Anregung zum Nachdenken und Diskutieren / 25.01.2005

» Nichts vernichtet Geld schneller und zuverlässiger als Pferdezucht!

... Vielleicht kann sich der eine oder andere noch an diesen Bericht in der CAVALLO erinnern.

Ich möchte an dieser Stelle versuchen, das Thema Pferdekauf und Preisgestaltung aus meiner Sicht als Züchter zu betrachten und darzustellen, wie der Preis für ein junges Pferd zustande kommt.

Oft, sehr oft fragt mich die interessierte Kundschaft, warum ein 3-Jähriger EUR 6.000,-- kosten soll, wenn doch der ganze „Pferdemarkt“ voll ist von ganz braven, gerittenen Quarter Horses für um die EUR 4.000,-- (von Privat). Hier folgt die Antwort.

Zu aller erst möchte ich schildern, was ich schon oft mit Kunden erlebt habe:

Manche Interessenten entschließen sich nicht zum Kauf ihres Traumpferdes, weil ihnen der Preis z.B. EUR 500,-- bis EUR 1.000,-- zu hoch ist und die Verhandlungen nicht das gewünschte Ergebnis bringen. Soweit so gut.

Wenn ich dann darauf hinweise, dass ein Pferd, das man mit etwa 3 Jahren kauft und welches ein normales Pferdealter von etwa 25 Jahren erreicht, in dieser gesamten Zeit rund EUR 100.000,-- kostet, dann werde ich oft sehr erstaunt angeschaut.

Diese Rechnung ist ganz einfach und nachvollziehbar. Bei einer normalen Stallmiete von rund EUR 250,-- pro Monat, zuzüglich Hufschmied, Wurmkuren, Versicherung und Impfungen muss das Pferd in dieser Zeit NICHT einmal krank werden! Die Tierarztkosten kommen also noch dazu. Kosten für Zubehör, usw. sind hier ebenfalls nicht berücksichtigt.

Aus diesem Grund kann ich nicht nachvollziehen, dass es beim Kauf wegen EUR 500,-- oder EUR 1.000,-- gelegentlich grösste Bedenken gibt, oder letztlich gar ein Pferd „zweiter Wahl“ wegen eines solch geringen Preisunterschiedes genommen wird.
Ein billigeres Pferd muss natürlich nicht unbedingt automatisch schlechter sein. Man kann durchaus sehr gute Pferde für kleines Geld kaufen, wenn man etwas Zeit und Glück hat. Es wird immer mal wieder z.B. ein „Scheidungsopfer“ sehr günstig angeboten.

Wie setzen sich die „Entstehungskosten“ eines 3-jährigen Pferdes – BEIM ZÜCHTER – zusammen?

(Natürlich ist dies nur ein ungefährer Anhaltspunkt und von Züchter zu Züchter sehr unterschiedlich).

Ich werde keine Abschreibung und Instandhaltungskosten für die Anlage des Züchters mit einrechnen, obwohl dies natürlich ebenfalls zu berücksichtigen wäre.

Anschaffung Zuchtstute:
Gehen wir von einer durchschnittlichen Kaufsumme von EUR 5.000,-- aus. Nur um einmal eine Zahl zu nennen (man kann durchaus auch Stuten für ein Vielfaches kaufen). Gehen wir von einer Nutzzeit als Zuchtstute von 10 Jahren aus, sind dies Kosten von EUR 500,-- pro Fohlen alleine für die Anschaffung der Mutter.

Decksprung:
Gehen wir von einer mittleren Decktaxe von EUR 750,-- aus (auch hier gibt es weitaus teurere Bedeckungen). Um gleich dem Einwurf „… der Züchter hat den Hengst ja sowieso bei sich und das kostet ja nix…“ entgegenzuhalten: Der Hengst wird beworben, es wird z.B. NRHA und DQHA einbezahlt und er muss das ganze Jahr gefüttert und versorgt werden... Gehen wir also von diesen EUR 750,-- aus.

... wir sind also schon bei EUR 1.250,--
bevor es losgehen kann...


Nun Tupferprobe, Ultraschall, usw.: rechnen wir einmal ganz gering mit EUR 150,-- (3 – 4 x Ultraschall + Tierarzt + Labor).

... Wir sind also bei EUR 1.400,--

... und nun ist hoffentlich die Stute tragend! Wenn wir anfangen zu rechnen, was passiert, wenn die Stute ein Jahr nicht aufnimmt oder ein lebensschwaches Fohlen bekommt, dann sind wir schnell bei anderen Summen. Aber wir gehen hier nur mal vom Bestfall für den Züchter aus.

... Die Stute trägt ...
Nun heißt es: zusätzliche Impfungen für die Stute (Virusabort) und bei einer Tragezeit von 11 Monaten + 4 Wochen Pause bis diese wieder tragend ist, rechnen wir grob mit EUR 100,-- Tierarzt, EUR 150,-- Schmied, sowie Futter- und Pflegekosten für 1 Jahr mit EUR 1.200,--.
Alles geht gut, das Fohlen kommt in einer schlaflosen Nacht morgens gegen 4:20 Uhr zur Welt...

Und schon hat es den Züchter beim ersten Atemzug, wenn es denn hoffentlich diesen ohne tierärztliche Hilfe auch tut, EUR 2.850,-- gekostet...

Der Idealfall wäre, man verkauft das „Kleine“ von der Mutter weg für z.B. EUR 4.000,--. Das klingt erst einmal gut. Für den Käufer natürlich dennoch ein erstaunlicher Betrag, da er ja in der Zeitung für diesen Preis immer wieder gerittene Pferde dieser Rasse finden kann.

Für den Züchter aber heißt es, vom Nettobetrag (also ohne MWSt.) von rund EUR 3.740,-- ausgehend, bleiben noch EUR 890,-- an diesem Pferd für ein ganzes Jahr. Vor Steuer !!!

Das macht pro Monat etwa EUR 75,-- für ein „produziertes“ Fohlen, welches zu einem guten Preis verkauft wird, nicht krank war, eine leichte Geburt hatte und verkauft wurde, bevor es zum ersten mal Hufschmied gesehen hat. Der optimale Verlauf also.

Mal Hand aufs Herz: Füttern, Misten, halfterführig machen, einfachste Grundregeln, usw. beibringen….. für EUR 75,-- Monatslohn? Wer hier an dieser Stelle überzeugt ist, er selbst würde das auch tun, sollte uns bitte sofort seine Bewerbungsunterlagen schicken!








Zurück zum Thema Entstehungskosten eines 3-Jährigen:

Wir sind also bei EUR 2.850,-- am Tage der Geburt.

Wir rechnen nur mal grob: 4 Wurmkuren pro Jahr, 3 Jahre lang, EUR 120,--. 4 x pro Jahr Schmied (was evtl. zu wenig ist, aber das kommt immer auf das Pferd an) 3 Jahre lang: EUR 300,--. Impfungen pauschal gerechnet mit EUR 200,--.

Die Versicherung usw. wollen wir an dieser Stelle einmal ausser Acht lassen.

Für Futterkosten – und ich bin der Meinung, dass ein Fohlen nicht weniger frisst als ein Grosser, eher im Gegenteil – nehmen wir EUR 100,-- pro Monat, für 3 Jahre also EUR 3.600,--.

... Wir wären somit bei Entstehungs- kosten von EUR 7.070,-- für ein 3 Jahre altes Pferd ...

Dieses Pferd muss allerdings während dieser Zeit natürlich ganz gesund gewesen sein, denn eventuelle Tierarztkosten sind nicht berücksichtigt.

Sollte es z.B. einen Unfall haben, welcher z.B. einen Schönheitsfehler zur Folge hat oder sollte es binnen dieser Zeit etwa zu koppen anfangen (alles nur Beispiele), so muss alleine der Züchter dieses Risiko tragen und irgendwie auffangen.

Wie gesagt: Der Idealfall tritt ein: Kerngesund, bildschön und absolut korrekt gebaut.

EUR 7.070,-- !!!!! Und nun ist das Pferd drei Jahre alt und immer noch roh! Wie kann aber ein Züchter nur auf die Idee kommen, dass es irgendwo auf der Welt einen Menschen geben soll, der ihm EUR 7.000,-- für ein nicht mal gerittenes Pferd gibt ???

Natürlich muss man sich auch um dieses Pferd kümmern, bis es 3-jährig ist. Um wenigstens einen Betrag von EUR 75,-- pro Monat als „Entschädigung“ zu haben, müsste der seriöse Züchter somit für ein 3 Jahre altes, rohes Pferd EUR 9.770,-- verlangen.

Dafür hat der Züchter während der gesamten Zeit die 40-Stuten-Woche bereits am Mittwoch mittag voll, seine freien Wochenenden und Urlaub auf nachts ausserhalb der Deck- und Abfohlsaison verlegt...

Sollte der Züchter das Pferd mit einer Ausbildung von 3 Monaten verkaufen wollen, kämen weitere ca. EUR 700,-- pro Monat hinzu, welche er bei einem Trainer bezahlen muss.

Fazit: Kosten für ein Pferd, welches 3 Jahre alt ist und dann mit 3-monatiger Grundausbildung von einem Profi-Trainer verkauft wird, müsste bei rund EUR 12.000,-- (zzgl. 7% MWSt.) liegen, damit der Züchter wenigstens auf seine „Aufwandsentschädigung“ kommt.

Und nach 3 Monaten Grundausbildung kann es durchaus sein, es handelt sich nicht um den erwarteten „Überflieger“, sondern um ein ganz braves und solide gerittenes Freizeitpferdchen, welches die Kunden verständlicherweise für einen Betrag von rund EUR 5.000,-- kaufen möchten.

Und schon sind wir wieder bei der Überschrift:

NICHTS VERNICHTET GELD SCHNELLER UND ZUVERLÄSSIGER ALS PFERDEZUCHT!

Man wird sich wohl an dieser Stelle fragen, wieso Züchter es trotzdem weiter tun? Wer will denn schon nachweislich jedes Jahr ärmer werden?

Jeder, der bei einer Pferdegeburt dabei war und das erste mal das Fohlen „gackern“ und die Muttern brummeln hört, wird wissen, warum. Es wird einem so richtig warm ums Herz – und dieses Gefühl zu kennen, hat keinen Preis!

Ich möchte mit dieser Erklärung etwas zum Nachdenken anregen. Dem einen oder anderen Züchter habe ich sicherlich aus der Seele gesprochen und so mancher Pferdekäufer wird bestimmt über manche Angebote nunmehr anders denken...

Für Anregungen, Tipps, Diskussionen, usw. hierüber bin ich immer zu haben...